
Ein Thema, das sich bei genauerer Betrachtung in den letzten Wochen wie ein roter Faden durch mein Leben zieht, ist das Thema Zeit.
Es war viel los in der letzten Zeit. Der Klassiker wäre es deswegen, an dieser Stelle davon zu sprechen, dass die Zeit wie im Fluge vergeht. Oder dass kaum Zeit ist, mal in Ruhe über irgendetwas nachzudenken. Hätte mich ein Freund nicht vor geraumer Zeit darauf angesprochen, dass er es seltsam findet, wenn Leute so reden, würde ich mich jetzt vielleicht auch so äußern. Tatsächlich aber achte ich seit seiner Anmerkung vermehrt darauf, bewusst mit meiner Zeit umzugehen. Mir eben Zeit zu nehmen - Zeit zu nehmen für die Dinge, die mir wirklich wichtig sind; damit ich später nicht sage: Ich frage mich, wo all die Zeit geblieben ist!
Während meiner musikalischen Rückkehr in die alte Heimat Süddeutschland begegnete mir das Thema Zeit wie erwartet ebenfalls an allen Ecken und Enden. Da war die Reise in die Vergangenheit, die mir einerseits vor Augen führte, dass gefühlt schon sehr viele Jahre vergangen sind, seitdem ich von dort wegzog. Andererseits war da die Erkenntnis, dass vieles beim Alten geblieben ist. Die Tankstelle von einst, bei der ich früher als Kind mein Taschengeld für Eis & Co. auf den Kopf schlug, gibt es noch. Und selbst der herzliche Inhaber steht noch hinter der Theke, als sei die Zeit stehengeblieben. Er konnte sich sogar noch schwach an mich erinnern.
Zeit ist eben doch ziemlich relativ. Und auf die eine oder andere Weise vielleicht sogar irrelevant. Mit Logik hat sie für mich jedenfalls oft nichts zu tun. Zeit und das richtige Timing, so scheint es, hängen oft von ganz anderen Dingen ab, als ich mit dem Kopf nachvollziehen kann. Wie es um mein Timing und meinen Umgang mit Zeit bestellt ist, habe ich mich in der letzten Zeit gleich mehrere Male gefragt. Oder sagen wir: fragen müssen.

Den ersten Anstoß dafür lieferte mein "Discowecker", wie ich ihn liebevoll nenne. Eine Art Würfel, der unterschiedliche Angaben wie z. B. Temperatur oder eben die Uhrzeit macht, jenachdem, auf welcher Seite der Würfel gerade steht. Beim Wecken blinkt er in verschiedenen Farben. Deswegen Discowecker. Vor geraumer Zeit hat der Kleine ein Eigenleben entwickelt und blinkt und zeigt neuerdings an, wann und was er will. Das hat schon für den ein oder anderen Lacher gesorgt, wenn ich mit Besuch in der Küche saß (dorthin musste ich ihn mittlerweile verbannen, damit er mich nicht mitten in der Nacht weckt) und er plötzlich loslegte. Allerdings bringe ich es nicht über's Herz, ihn wegzuschmeißen, denn niedlich wie dieses wahllose Piepsen und Blinken ist, hat das Ganze so'n bisschen was von Haustier. Und außerdem: Wer verschwendet schon gerne Zeit, von wegen Wegschmeißen?
Den zweiten Anstoß gab die Tatsache, dass ich sage und schreibe drei Anläufe brauchte, um mir eine neue Uhr zuzulegen. Und zwar nicht irgendeine, sondern eine, die man sich um den Hals hängen kann. Am Handgelenk stören mich Uhren nämlich. Gar nicht so einfach zu bekommen, die Dinger. Bei der ersten endlich gefundenen Uhr stellten sich kurz nach dem Kauf Probleme mit dem Knopf ein. Die Uhr blieb ständig stehen, weil sich der Knopf löste. Also brachte ich sie in den Laden zurück. Die zweite Uhr kaufte ich mir in einem Antiquitätenladen in Süddeutschland. Ein wunderschönes, altes Stück zum Aufziehen. Wenige Tage nach dem Kauf musste ich feststellen, dass sich einer der Zeiger gelöst hatte. Die Uhr blieb zwar nicht stehen, aber die Zeit zeigte sie mir eben auch nicht mehr an, denn einer der beiden Zeiger war ja nun lose. Hm. Frust. Und dann passierte etwas sehr Schönes: Eine Bekannte schenkte mir als Dankeschön für einen Gefallen eine Uhr, weil sie am Rande mitbekommen hatte, dass ich auf der Suche war. Ich bekam quasi Zeit geschenkt.
Neben dem Sich-Zeit-Nehmen für die wichtigen Dinge im Leben - was auch immer die für einen sein mögen - ist das Zeit-Schenken wohl einer der schönsten Aspekte, den das Thema Zeit bereithält. Für jemand anderen präsent sein und ihm damit ein Präsent machen.
Während also der Besitz vieler Uhren nicht der Besitz von mehr Zeit bedeutet (schade eigentlich!), kann eine kaputte Uhr wie in meinem Falle durchaus den Zweck erfüllen, einen bewussteren Umgang mit der Zeit anzuregen:

Zeit für Lächeln und Winken - wie beispielsweise mit meiner Nachbarin (zum Blog-Artikel darüber), die übrigens letzte Woche zu meinem Konzert im Café Kaldi gekommen ist und mich damit umgehauen hat...wozu dann auch das nächste passt:

Zeit für Reisen - seien es innere oder äußere. In die Zukunft oder in die Vergangenheit. Oder einfach nur durch das Jetzt auf der Autobahn gen Süden.

Zeit für eine liebevolle Geste.
Und was in meinem Falle natürlich auch nicht fehlen darf: Zeit für Musik.
Bei meinem Konzert im Café Kaldi in der letzten Woche gab's so manch Neuheit. Eine davon war ein Song, den ich vor mittlerweile zwei Jahren geschrieben habe. Entstanden ist "Willkommen im echten Leben", während meine Großtante im Sterben lag. Ich konnte ihn bis vor Kurzem nicht spielen und singen, ohne dass mir dabei Tränen in die Augen schossen. Aber wie heißt es so schön: Die Zeit heilt alle Wunden. Und so habe ich mich am vergangenen Donnerstag bei meinem "Heimspiel" im Café Kaldi das erste Mal getraut, ihn live zu präsentieren. Gleich von mehreren Seiten wurde ich daraufhin angesprochen, ob es nicht eine Aufnahme von dem Lied gibt.
Vielleicht ist es auch Zeit, es einfach mal anders zu machen als sonst: Eine spontane Aufnahme von der Nummer zu später Stunde, provisorisch gemischt und eigentlich gar nicht präsentabel, wenn es nach meinen perfektionistischen Ansprüchen geht. Aber ehe noch mehr Zeit verstreicht, stelle ich den Song gerne schon einmal zum Anhören zur Verfügung in der Hoffnung, dass man mir den ein oder anderen Schönheitsfehler ver-zeit. Ach nein, das schreibt man mit "h". Eine "richtige Aufnahme" gibt es dann...wie heißt es so schön: zu gegebener Zeit.
Jetzt bist du klein, gleich bist du groß
Jetzt bist du wild und dann ist nichts mehr mit dir los
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne
Möge man nach dem Schluss von vorn beginnen
Alles kommt und geht soweit ich mich entsinne
Doch das Schöne bleibt, solang ich mich erinnere
Willkommen im echten Leben
Was kann ich für dich tun, was kann ich dir geben?
Bin hier an deiner Seite, um dich zu begleiten
Wenn du bereit bist
Willkommen in meinem Herzen
Was kann ich für dich tun, was lindert deine Schmerzen?
Du bist nicht allein, kann dein Wegbegleiter sein
Wenn du bereit bist
Mal tut es weh, mal ist es gut
Mal ist da Angst und dann ist da wieder Mut
Wie der Regen stets vom Himmel fällt
Und dem Wachstum so die Tür aufhält
Wie das Licht alles in den Schatten stellt
Und die Nacht der Nächte aufhellt
Bleib ich hier, weich nicht nach rechts, noch links
Bis du gehst und nochmal rüberwinkst
Willkommen im echten Leben
Was kann ich für dich tun, was kann ich dir geben?
Bin hier an deiner Seite, um dich zu begleiten
Wenn du bereit bist
Willkommen in meinem Herzen
Was kann ich für dich tun, was lindert deine Schmerzen?
Du bist nicht allein, kann dein Wegbegleiter sein
Wenn du bereit bist